Herr Winnecke, mit 17,6 % waren psychische Erkrankungen laut DAK Gesundheitsreport 2021 der zweithäufigste Krankheitsgrund. Stressabbau stellt in diesem Zusammenhang einen wichtigen Faktor dar. Häufig wird der eigene Arbeitsplatz, ob nun im Betrieb selbst oder im Homeoffice, als Stressor genannt. Wie schätzen Sie die Situation ein?


Cliff Winnecke: Das ist richtig. Stress am Arbeitsplatz ist ein Problem, welches dringend angegangen werden muss. Die übermäßige Belastung von Arbeitnehmern hat sowohl für die Mitarbeitenden selbst als auch für die gesamte Organisation schwerwiegende Folgen. Die Mitarbeiter sind durch die Belastung unzufriedener und leiden im Extremfall unter gesundheitlichen Folgen wie Burn-Out. Die daraus folgenden Arbeitsunfähigkeitstage führen für die Organisation zu erheblichen Produktionsverlusten. Wenn man die Standford-Formel anwendet, um die Ausfallkosten durch Minderleistung der Mitarbeitenden und Führungskräfte zu berechnen, kommt man schnell auf mehrere hunderttausend Euro Verlust im Jahr. Eine ernüchternde Perspektive. Glücklicherweise kann und muss man dem als Arbeitgeber entgegenwirken.

Sie spielen auf das Arbeitsschutzgesetz an?

Cliff Winnecke: Genau. Viele verbinden mit dem Arbeitsschutzgesetz nur Schutzhelme und ergonomische Bürostühle, doch nach §5 Abs. 3 Nr. 6, um ganz genau zu sein, ist jedes Unternehmen ebenfalls dazu verpflichtet eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung durchzuführen. Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung, kurz GBU-Psych, ist als Grundlage für Schutzmaßnahmen zu verstehen, welche die Belastung der Mitarbeiter nachhaltig reduzieren sollen.

Sie selbst sind Geschäftsführer von EXPE Konzept, einer Unternehmensberatung aus Trier mit dem Fokus auf die GBU-Psych. Herr Winnecke, was würden Sie sagen unterscheidet EXPE Konzept von anderen Unternehmensberatungen?

Cliff Winnecke: Was andere Unternehmensberatungen können oder nicht, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber ich weiß, was wir bei EXPE Konzept sehr gut können: Wir bringen die Dinge auf den Punkt. Für uns ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung mehr als eine gesetzliche Vorschrift, die es zu erfüllen gilt. Zuallererst haben wir den Prozess der GBU-Psych mithilfe unserer eigenen Software beschleunigt und vereinfacht. Nach der Befragung der Mitarbeiter können wir dem Unternehmen genau rückmelden, in welcher Abteilung es brennt und wo man präventiv Maßnahmen einleiten sollte. Doch hier hört es nicht auf: Wir setzen die GBU-Psych als ein nutzbringendes Werkzeug zur Stärkung der organisationalen Resilienz ein, was wiederum die gesamte Unternehmung stärkt.

Resilienz ist ein Thema, welches in der letzten Zeit häufig zur Sprache kommt. Können Sie noch einmal genauer darauf eingehen, wie die organisationale Resilienz mit der GBU-Psych zusammenhängt?

Cliff Winnecke: Resilienz wird als die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen definiert, welche eine dynamische Anpassung an unvorhersehbare Veränderungen ermöglicht. Dabei spielt sowohl die individuelle Resilienz der Mitarbeitenden, aber vor allem auch die gesamte organisationale Struktur eine wichtige Rolle. Die GBU-Psych kann dabei als eine Potentialanalyse der individuellen Resilienz der Mitarbeiter gesehen werden. Resilience Engineering, also die Förderung der Resilienz, ist dabei ein wichtiges Stichwort. Wenn man Resilienz fördern möchte, muss man auf spezifische Resilienz-Indikatoren, wie Mitarbeiter-Ressourcen achten. Mithilfe unseres Fragebogens können wir den Unternehmen rückmelden, welche Ressourcen ihre Mitarbeiter bereits haben und an welchen Themen noch gearbeitet werden muss. Eine gute individuelle Resilienz der Mitarbeiter wirkt sich wiederum positiv auf die gesamte organisationale Resilienz aus. Vor allem in Zeiten der Corona-Krise ist die Resilienz eines Unternehmens unabdingbar. Neben der Widerstandsfähigkeit des Unternehmens bringt die organisationale Resilienz aber noch einen weiteren Vorteil: Den Aufbau einer Arbeitgebermarke. Ein Unternehmen mit einer klar definierten Marke ist auf dem heutigen Arbeitnehmermarkt ein attraktiver Arbeitgeber. Eine klar abzugrenzende Identität und eine gesundheitszentrierte Wertekultur des Unternehmens schafft Transparenz für neue Mitarbeiter, welche zu einer besseren Passung von Arbeitgeber und -nehmer beiträgt.

Eine starkes Employer Branding ist ein Schlüssel zum Erfolg eines Unternehmens. Vor allem die neue Generation an Mitarbeitern achtet stark auf eine Passung zwischen der Unternehmenskultur und den eigenen Werten.

Cliff Winnecke: Richtig. Wenn ein Unternehmen Mitarbeiter einstellt, welche sich in der Wertekultur des Unternehmens wiederfinden, sind diese Mitarbeiter auch deutlich zufriedener. Außerdem fühlen sich zufriedene Angestellte dem Unternehmen deutlich verbundener. Es ist wie beim Domino, eine kleiner Stubs in die richtige Richtung hat am Ende große Auswirkungen.

Gefährdungsbeurteilung, Resilienz, Employer Branding, Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterentwicklung, Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit. Sie und das Team von EXPE Konzept sehen die GBU-Psych als ein Allround-Werkzeug in der Unternehmensentwicklung?


Cliff Winnecke: Exakt! Wir verstehen die GBU-Psych eher als einen iterativen Prozess, der die Potentiale eines Unternehmens fördert. Aus der gesetzlichen Pflicht haben wir einen bestechend einfachen Prozess gestaltet, der Feuer löscht, bevor sie anfangen zu brennen und neue Wege hin zu einer resilienten und attraktiven Organisation ebnet.